Schwedenfahne

Die Schwedenfahne, welche bis heute wohl mit einem einmaligen Brauchtum verbunden ist, geht nach mündlicher Überlieferung auf das Jahr 1634 zurück. An die alte Schwedenfahne, den Stolz der Wallenfelser, knüpfen sich zahlreiche Überlieferungen. 

1. Überlieferung

Als die Schweden während des 30-jährigen Krieges in Wallenfels einfielen, habe die Bürgerwehr das Untere Tor verteidigt. Viele von ihnen sollen dabei gefallen sein, doch sei dabei eine Fahne der Schweden erbeutet worden. Eine alte Frau habe sie unter einer Brücke versteckt und sie so als stolze Beute gerettet.

2. Überlieferung

Als die Schweden vor Kronach standen und die Umgebung unsicher machten, hat der Statthalter von Kronach die Bürgerwehr von Wallenfels zum gemeinsamen Kampf aufgerufen. Bei den Kämpfen, die bei Fischbach stattfanden, fand der Fahnenträger von Wallenfels den Tod. Dessen Ehefrau, die ihn begleitete, rettete die Fahne, versteckte diese unter einer Brücke in Wallenfels, bis die Schweden außer Land waren. Seither wird diese Brücke „Schwedenbrücke“ genannt. 

Für die zweite Version spricht, daß der Löwe, der auf der Fahne zu sehen ist, in ähnlicher Stellung schon auf dem Stadtwappen auftaucht, das Kaiser Karl V. den Waldenfelsern 1541 verliehen hat. Andere meinen aber eine Ähnlichkeit mit dem Löwen aus dem schwedischen Königswappen erkennen zu können. Wie dem auch sei, die Schwedenfahne wird als ehrwürdiges Stück der Ortsgeschichte hoch in Ehren gehalten. Sie wird nur anlässlich besonderer Festlichkeiten gezeigt, vor allem an den Fronleichnams- und Flurumgangstagen. 

Zum ehrenden Gedenken an den tapferen Fahnenträger und die Treue und Hilfsbereitschaft der Wallenfelser soll der Statthalter von Kronach angeordnet haben, dass alljährlich an Fronleichnam die Fahne auf der Schwedenbrücke zu schwingen sei. Dieses Vermächtnis ist seit über 300 Jahren - mit Ausnahme der schweren Kriegsjahre erfüllt worden. Die Schwedenfahne ist keine Fahne irgendeines Vereins in Wallenfels, sondern die Gemeindefahne, die, wie bereits erwähnt, nur zu besonderen Anlässen mitgeführt wird.

Aufbewahrung der Fahne

Die ursprüngliche Fahne aus dem 30-jährigen Krieg ist heute ganz verschlissen und zerfällt bereits. Sie war aus dünnem, zartblauen Stoff gefertigt und wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder ausgebessert. Sie wird in einem Karton im Rathaus aufbewahrt. Um die Jahrhundertwende hat man den lachsfarbenen Löwen mit der goldenen Krone herausgetrennt und in ein neues weißes Fahnentuch eingenäht.

Dieses seidene, sehr leichte Tuch wurde jedoch durch das Fahnenschwingen auch ziemlich beschädigt. Daher hat man 1949 aus Anlass der 700 - Jahrfeier der Stadt Wallenfels eine neue Fahne aus festem Stoff anfertigen lassen. In sie ist ein Faden der alten Schwedenfahne als Symbol eingewoben und zum Teil der ursprünglichen Fahne nachgebildet. Die alte Fahne ist unter Glas im Sitzungssaal des Rathauses ausgestellt. Die neue Schwedenfahne wird ebenfalls im Rathaus aufbewahrt.


Beschreibung der heutigen Schwedenfahne

Die Grundfarben der Schwedenfahne sind in Anlehnung an die Zugehörigkeit zum Freistaat Bayern blau und weiß.

Blaue Seite

blaue Seite

In der Mitte ist das echte Wallenfelser Wappen zu sehen, umgeben von einem gold-grünen Eichenlaubkranz. Das Wappen trägt die Mauerkrone, die auf das Stadtrecht und die Gerichtsbarkeit hinweist.

Weiße Seite

weiße Seite

In der Mitte ist auf einem Goldgrund der Löwe abgebildet, der mit dem Löwen aus dem Wappen und wie manche glauben, auch aus der alten Schwedenfahne identisch ist. Der goldene Kreis ist eingerahmt von einem altrosa gestickten Kranz.

Die Fransen der Fahne sind silbern. An der Schaftseite ist sie mit Silbertresse eingefaßt. Der Fahnenschaft ist der ursprüngliche Schaft der Schwedenfahne. Er ist im unteren Drittel mit Leder bezogen, das mit vielen kleinen Messingknöpfen beschlagen ist. Der obere Teil ist seit neuerer Zeit mit rostbraunem Velours bezogen. Der untere Teil der Fahnenspitze ist ebenfalls noch ursprünglich, der obere wurde im Laufe der Zeit öfters erneuert. Die Fahne ist mit Metallringen an der Stange befestigt.

Symbolbedeutung der Schwedenfahne

Die Grundfarben der Fahne  -  blau und weiß  -  bezeugen die Enge Verbundenheit der Wallenfelser zu Bayern seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Das Eichenlaub, das eigentlich an jeder Fahne zu sehen ist, ist ein Ehrenzeichen und geht auf die Deutsche Eiche zurück und bedeutet damit auch Zugehörigkeit zum Deutschen Volk. Der Löwe kann hier zweierlei Bedeutung haben. Zum einen ist er Bestandteil des Wappens und damit Zeichen für den Ort. Er macht aber auch zugleich die Verbundenheit mit der Kirche deutlich, da es sich um den Bamberger Löwen aus dem erzbischöflichen Wappen handelt. Ein weiterer Gedanke besteht natürlich darin, daß die alte Schwedenfahne auch einen Löwen zeigte.

Dieser Tradition ist man in Wallenfels sehr verbunden, was am deutlichsten durch das mit der Schwedenfahne verbundene Brauchtum wird.

Fronleichnamsbrauchtum

Auf Grund der alten Tradition verlieh König Ludwig II. Wallenfels das Recht, alljährlich an den beiden Festtagen (Fronleichnamsfest und Flurumgang am darauffolgenden Sonntag) mit einer Kompanie Soldaten das Allerheiligste zu begleiten. Seit dem Dekret Ludwigs tragen die Soldaten - heute sind es die Mitglieder der Soldatenkameradschaft - die weiß-blauen bayerischen Uniformen.

Die Feierlichkeiten werden bereits am Abend vor dem Fronleichnamsfest mit einem Zapfenstreich eingeleitet. Um 20 Uhr ziehen der Trommlerzug und der Musikverein durch die mit Fichtenbäumchen und kleinen Fähnchen geschmückte Stadt, während vom Leutenberg her Böllerschüsse krachen.

Am nächsten Morgen werden die Musikkapelle und der Trommlerzug bereits um 4.30 Uhr durch Böllerschießen geweckt. Es sind 3 Schüsse: 1. Schuss - Wecken; 2. Schuss - Bereit sein; 3. Schuss - Antreten.

Um 5 Uhr ist wieder Zapfenstreich. Der Trommlerzug und der Musikverein ziehen durch die Ortschaft um alle zu wecken. Um 6.30 Uhr tritt der Ehrenzug an: die „Bürgerwehr“ von Wallenfels, die sich aus Mitgliedern der Soldatenkameradschaft zusammensetzt.

Die Ehrenkompanie besteht aus

- 1 Husar an der Spitze
- 3 Ulanen
- etwa 20 Trommler in altbayerischer Uniform: weiße Hose, blauer Rock, lederner Raupenhelm an der Spitze geht der Tambourmajor
- 1 Zug Marine in Uniform des letzten Krieges
- Kommandant des Ehrenzuges in Hauptmannsuniform
- 3 - 4 Züge in altbayerischer Uniform (1870 / 1871), einer dieser Züge trägt die Pionieruniform (schwarz) die übrigen die Infanterieuniform (blau), weiße Hosen, blaue bzw. schwarze Röcke und Raupenhelm, Gewehr

Nun wird der Begleitleutnant mit seinen beiden Furieren abgeholt. Der Begleitleutnant ist wie folgt gekleidet: Er trägt einen Gehrock mit Schärpe, hat einen Zylinder mit Federbusch auf dem Kopf und einen Degen in der Hand. Die beiden Furiere sind zwei Jungen mit weißer Hose, ebenfalls Gehrock und Zylinder. In der Hand tragen sie ein Gewehr. Anschließend wird der Fähnrich der Schwedenfahne mit seinen beiden Begleitern abgeholt. Der Fähnrich der Schwedenfahne ist immer das jeweils jüngste Stadtratsmitglied, der Begleitleutnant das zweitjüngste. Der Fähnrich und seine Begleiter sind genauso gekleidet wie der Begleitleutnant und seine Furiere. Anschließend wird noch der Bürgermeister mit seinen 6 Ehrenjungfrauen abgeholt. Dann begibt sich der ganze Zug wieder zum Rathaus, wo die Ehrenkompanie ihren Anfang nahm. Inzwischen ist es 8.00 Uhr geworden. Auf dem Marktplatz haben sich inzwischen auch die Stadträte eingefunden. Unter Präsentiermarsch wird jetzt die Fahne durch den Fähnrich aus dem Rathaus gebracht. Auf der Treppenbrüstung vereint sie sich im „Fahnenkuss“ unter Musikbegleitung mit den geweihten Vereinsfahnen, und zwar in der Reihenfolge nach dem Alter der Fahnen und Vereine. Die Fahne wird über die Treppenbrüstung gebeugt und begrüßt jede einzelne Fahne, indem die Fahnenspitzen gekreuzt werden. Dabei werden die Gewehre präsentiert. Nach dem Fahnenkuss wir das „Niederländische Dankgebet“ gespielt, man stellt sich in Viererreihen auf zur Kirchenparade und macht sich auf den Weg zum Festgottesdienst.

Nach dem Festgottesdienst tritt der ganze Zug zur Prozession an. Während der ganzen Prozession wird getrommelt. Bei den Altären wird angehalten. Vor dem Verlesen des Evangeliums erteilt der Kommandant seine Befehle. Während des Evangeliums werden die Gewehre präsentiert und 3 Böllerschüsse abgefeuert. Dann geht es unter Trommelwirbel zum nächsten Altar. Nach dem 2. Altar kommt es zum Höhepunkt des Tages: das Fahnenschwingen auf der Schwedenbrücke. Vor der Brücke steht der Pfarrer mit dem Allerheiligsten. Hinter der Brücke hat sich die Kapelle aufgestellt. Unter den Klängen des Musikvereins singen die Gläubigen: „Ich bete an die Macht der Liebe“. Auf einen nochmaligen Trommelwirbel folgt absolute Stille. Alle Menschen schauen gebannt auf die Brücke, was sich dort in den folgenden Minuten abspielen wird. Der Fähnrich und seine beiden Adjutanten treten an das eine Brückengeländer. Der Fähnrich schwenkt die Fahne einmal über das Geländer. Dann machen sie kehrt. Die Fahne wird über das gegenüberliegende Geländer geschwenkt. Dann treten sie zurück in die Mitte der Brücke, der Fähnrich legt seinen Zylinder ab, reicht ihn einem seiner beiden Adjutanten, die zur Seite treten. Das eigentliche Fahnenschwingen, der Höhepunkt des Tages, beginnt. Der Fähnrich stellt sich breitbeinig hin und schwenkt die Fahne 3x nach links im Kreis über den Kopf und 3x nach rechts in gleicher Weise. Die Fahne darf sich dabei nicht verwickeln, da eine Überlieferung besagt, daß es Krieg gäbe, wenn sich die Fahne verwickelt. Angeblich soll sie sich 1914 und 1939 verwickelt haben. Zum Schluss wird der Gruß über die beiden Brückengeländer wiederholt. Nach Beendigung der Prozession werden die Honoratioren nach Hause gebracht und am Nachmittag wieder abgeholt.

Beim Flurumgang am darauffolgenden Sonntag findet das gleiche Zeremoniell mit Ausnahme des Fahnenschwingens noch einmal statt. Danach wird die Fahne mit allen militärischen Ehren ins Rathaus zurückgebracht, wo sie das ganze Jahr über aufbewahrt wird.

Zur 700 - Jahrfeier 1949 wurde sogar ein Theaterstück im Freien aufgeführt, das vom Fahnenschwinger handelte. Dieses Stück wurde anläßlich der 750-Jahrfeier der Stadt Wallenfels vom Theaterverein Wallenfels seit 1949 erstmals wieder aufgeführt.